Die Belle Epoque in Europa
Bulgarien
Sofia
Von , Sofia

Zur Zeit der Befreiung Sofias von der Herrschaft der Osmanen im Jahre 1878 war Sofia nicht mehr als ein recht großes Dorf mit vielleicht 12.000 Einwohnern. Es lag nicht in einer jener Gegenden, wo die bulgarische Renaissance im 18. und 19. Jahrhundert ihre Blüte hatte, so dass die neue Hauptstadt gewissermaßen aus dem Nichts erschaffen werden musste. Im Zeitraum zwischen 1878 und 1913 wuchs sie mit großer Geschwindigkeit, und das wirtschaftliche Wachstum spiegelte sich in der Architektur der Stadt wider. Die bevorzugten architektonischen Stilarten waren Neoklassizismus, Neobyzantinismus und eine national gefärbte Spielart des seinerzeit populären Sezessionsstils. In weniger als 30 Jahren wandelte Sofia sich von einem osmanischen Dorf zu einer malerischen Stadt mitteleuropäischer Architektur, so dass man es damals häufig als das "kleine Wien" bezeichnete.
Im Jahre 1913 widerfuhr Bulgarien das erste nationale Unglück durch die Niederlage im zweiten Balkankrieg. Das zweite nationale Unglück bescherte 1918 die Niederlage im I. Weltkrieg. Unter diesen Umständen war es weder angemessen noch möglich, schöne und elegante Gebäude zu errichten. Es gab jedoch zwei kurze Zeiträume Mitte der Zwanziger und Mitte der Dreißiger Jahre mit dem Versuch, an die vergangene Belle Epoque anzuschließen, doch größere Bauaktivitäten folgten nicht daraus. Im II. Weltkrieg befand sich Bulgarien wieder auf der Seite der Verlierer. Obendrein wurde Sofia, wie viele andere größere Städte, durch britische Bomben zerstört mit der Folge, dass ein Großteil des kulturellen Erbes unwiederbringlich verloren war. Beim Wiederaufbau der Städte dominierte dann der stalinistische Architekturstil. Dennoch blieben einige wenige der in der Belle Epoque errichteten Gebäude erhalten als Erinnerung an eine anmutigere Zeit.
Privathaus
Graf-Ignatiev-Straße
© Tzvetelina Tzeneva, Sofia